Glanz und Poesie

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Glanz und Poesie
Ouverturen, Sonaten und Concerti von Georg Philipp Telemann (1681 – 1767)

Mit diesem Programm stellt Musica Alta Ripa Kompositionen von G.Ph. Telemann aus seinem mit dem EchoKlassik ausgezeichneten Telemann-CD-Zyklus vor. Telemanns Werke verlangen virtuose Solisten und ausgeprägten Ensemblegeist, beides Spezialitäten von Musica Alta Ripa.

Ouverture E-Dur für Oboe d’amore, 2 Violinen, Viola und Basso continuo, TWV 55: E2
Hans-Peter Westermann  –  Oboe d‘amore

Sonate f-moll für 2 Violinen, 2 Violen, Violoncello und Basso continuo, TWV 44: 32
Adagio  –  Allegro  –  Largo  –  Presto

Concerto C-Dur für Blockflöte, 2 Violinen, Viola, Basso continuo, TWV 51: C 1
Allegretto  –  Allegro  –  Andante  –  Tempo di Minuet
Danya Segal  –  Blockflöte

Concerto G-Dur für Viola, 2 Violinen, Viola, Basso continuo, TWV 51: G 9
Largo  –  Allegro  –  Andante  –  Presto
Ursula Bundies  –  Viola

Quartett G-Dur für Blockflöte, Oboe, Violine, Basso continuo, TWV 43: G6
Allegro  –  Grave  –  Allegro

Ouverture a 5 h-moll für Violine solo, 2 Violinen, Viola, und Basso continuo, TWV 55:h 4
Ouverture  –  Gavotte  –  Loure  –  Rejouissance  –  La Bravoure  –  Menuet I/II  –  Rodomontate
Anne Röhrig  –  Violine

 

Zum Programm

Die Biographien der größten Komponisten enthalten meist umfangreiche Kapitel über die  Misshelligkeiten und Widerstände, unter deren ambivalentem Einfluss die bedeutendsten  Meisterwerke entstehen mussten. Viele Komponisten litten unter quälenden Krankheiten,  wie der früh taub gewordenene L.v. Beethoven, verloren ihr Augenlicht im Alter wie Bach  und Händel, hatten erhebliche Probleme mit Dienstherren und Finanzen, wie Mozart oder  Vivaldi, oder wurden in ihrer Bedeutung vom zeitgenössischen Publikum nicht wahrgenommen. Nicht selten findet sich auch eine Kombination von Widrigkeiten, vor deren  Hintergrund die kompositorischen Leistungen umso leuchtender hervortreten.  Nichts davon findet sich in der Biographie G.Ph. Telemanns. Bis zu seinem Tode im hohen  Alter von 86 Jahren konnte er sich seiner Schaffenskraft erfreuen. Er wurde nicht taub, er  erblindete nicht. Er hatte als Musikdirektor der fünf hamburgischen Hauptkirchen eine  respektable Position, die er unangefochten innehatte und die ihm Ansehen und  Auskommen sicherte. Die Musikwelt des 18. Jhdts. lag ihm zu Füßen. Gleichermaßen  wurde er von Anhängern des französischen und des italienischen Stiles bewundert, die  sich normalerweise auf keinerlei Gemeinsamkeiten einigen konnten.  Diese offenkundige uneingeschränkte Positivität seiner Existenz nutzte Telemann zu  ungebremstem Schaffen. Die Entfaltung seiner schier unglaublichen Phantasie ließ ihn  zum wohl produktivsten Komponisten aller Zeiten werden.  Seinen Werken ist wenig Neigung abzuspüren, überkommene Formen in Frage zu stellen  oder sie gar zu sprengen. Immer allerdings versucht Telemann, traditionelle Muster individuell zu variieren und geistreich zu optimieren. So gelingt es ihm, der musikalische  Entwicklungen nur selten angeführt, sie aber immer wahrgenommen und für sich zu nutzen gewusste hat, mit seiner kompositorischen Begabung seine Vorbilder zu erreichen  und meistens zu übertreffen. Bis ins hohe Alter ließ er sich neu inspirieren: zuletzt von den  musikalischen Errungenschaften der jüngeren Komponistengeneration um J.A. Hasse,  Chr.W. Gluck und C.Ph.E. Bach.  Seine ersten prägenden Erfahrungen waren aber die konkurrierenden Ästhetiken des italienischen und des französischen Stiles um 1700. Von seiner persönlichen, raffinierten  Modifikation dieser Vorgaben zeugen die Werke des heutigen Abends: Die sonor mit 2  Violinen, 2 Violen und B.c. fünfstimmig gesetzte Sonata in f ist ein edles Exemplar einer  italienischen Sonata da chiesa im Stile Tommaso Albinonis. Ungewöhnlich für Telemanns  Musiksprache wirkt vor allem die archaische Melancholie des ersten Satzes.  Unser Konzert beginnt und endet mit je einer umfangreichen Ouverturensuite.  Abweichend von den französischen Vorbildern sind beide Werke mit einem Soloinstrument zum vierstimmigen Streichersatz mit B.c. besetzt. Mit diesem Kunstgriff, den auch J.S. Bach in seiner h-moll-Suite angewendet hat, gewinnt Telemann zu den üblicherweise in kunstvollem Ensembleklang komponierten Tanzfolgen das glanzvolle Mittel virtuosen Konzertierens hinzu, das er vor allem in der abschließenden Ouverture im brillanten Part der Solovioline realisiert. In der einleitenden Suite sorgt die Oboe d’amore überwiegend für teils derbbukolische, teils sanft-idyllische Klangfarben. Eine Spezialität Telemanns ist die  Verwendung von Elementen der polnisch-hanakischen Volksmusik, die er bei seiner  ersten Anstellung im schlesischen Sorau vor Ort kennen- und schätzen gelernt hat. Teils  wie im Rondeau Hanaquoise der E-Dur-Ouverture – bezieht sich Telemann ausdrücklich auf  die Kunst der „polnischen Bierfiedler und Bockpfeifer“, teils lässt sich dieser Einfluss am  überbordenden und unberechenbaren Temperament auch ganz konventionell bezeichneter Tanzsätze erkennen.  Das in Italien entwickelte und von Vivaldi zum Standard geformte Modell des  Solokonzertes hat Telemann vielfältig genutzt. Aber auch dieser Form drückt er seinen  persönlichen Stempel auf, indem er die überkommene dreisätzige Gestalt zu einem viersätzigen Zyklus erweitert. Diese Einführung eines langsamen Eröffnungssatzes, die  Telemann bevorzugt nutzt, findet sich bei anderen Komponisten nicht. Die beiden  Konzerte unseres Programms besitzen Telemanns Lieblingsform, die ihm einen zusätzlichen Rahmen zur Entfaltung cantabler und poetischer Gestik bietet.  In allen seinen Kompositionen setzt Telemann gezielt die Idiomatik seiner Instrumente  ein. Sein Interesse für Klangfarben lässt ihn auch ungewöhnliche Soloinstrumente  wählen. So ist sein berühmtes Bratschenkonzert ein zu seiner Zeit einzigartiges Stück,  was den sonoren Charme der Viola vortrefflich zur Geltung bringt.  Auch das kammermusikalisch besetzte Quartett G-Dur gewinnt seinen Reiz aus dem klug  disponierten Einsatz der Instrumente: beginnt der erste Satz noch mit einer disputierenden Gegenüberstellung von Violine und den beiden Blasinstrumenten, so finden die  Protagonisten immer mehr gemeinsames musikalisches Material, so dass sie den letzten  Satz ungewöhnlicherweise unisono anstimmen.

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